Unterrichtsbeispiel: Gottesbilder
Unterrichtseinheit „Die Frage nach Gott“ - sich über Vorstellungen von Gott bewusst werden (Klasse 2)
GS Emmelshausen
1. Das sind wir
Unsere Schule befindet sich im ländlichen Bereich. Sie wird von Schülerinnen und Schülern aus unserem Ort und den Kindern aus den umliegenden Dörfern besucht. Es handelt sich um etwa 300 Schülerinnen/Schüler, die auf 13 Klassen verteilt sind. Die Klassenstufe 2 ist dreizügig. Der katholische Religionsunterricht erfolgt in zwei Gruppen. Die hier beschriebene Lerngruppe setzt sich aus 20 Schülerinnen und Schülern zusammen. Sie besteht seit Beginn des zweiten Schuljahres.
2. Das war uns besonders wichtig
Fragen, die die Existenz und Wirklichkeit Gottes betreffen (z. B. Wie sieht Gott aus? Kann man Gott sehen? Gibt es Gott wirklich?) zählen zu den grundlegenden Kinderfragen in Bezug auf Glaube und Religion. Antworten auf diese Fragen können immer nur bildhaft, in Zeichen und Symbolen möglich sein.
Ziel dieser Einheit ist es, die Kinder mit dieser Sprache vertraut zu machen.
Generell jedoch gilt, dass Gott weder in Bildern noch in der Sprache erfasst werden kann, da Gott größer ist als unsere Vorstellung erlaubt. Jedes Bild, jedes Reden von Gott kann immer nur einen Teil Gottes widerspiegeln.
Darauf begründet sich das alttestamentliche Bilderverbot. Dies soll nicht im Widerspruch zu unserer 1. Teilsequenz stehen, in der die Kinder den Auftrag haben, Gott bildlich darzustellen. Vielmehr soll es darum gehen, den Kindern zu verdeutlichen, dass wir Menschen verschiedene Vorstellungen von Gott haben und dass diese weder als falsch noch als richtig zu bewerten sind.
Die Kinder sollen ihre eigene Gottesvorstellung im Bild mitteilen und die Möglichkeit haben, ihre eigene Beziehung zu Gott zu beschreiben und weiterzuentwickeln.
Im Anschluss soll es darum gehen, Gottesnamen aus der Bibel kennenzulernen und in ihrer Bedeutung zu verstehen. Hier gilt es die Kinder an die biblische Bildsprache von Gott heranzuführen.
Während der gesamten Einheit war es uns wichtig, dass die Kinder das Gefühl haben ernst genommen zu werden und eigene Vorstellungen von Gott auf jeden Fall zu respektieren sind. Auch die Meinung „Ich glaube nicht an Gott“ gilt es zu akzeptieren.
Schwerpunktsetzung:
Sich die Frage nach Gott stellen und sich der Unterschiedlichkeit möglicher Vorstellungen von Gott bewusst werden.
Erwartete Kompetenzen:
- Aufgrund mitgebrachter Vorstellungen und Erfahrungen aus dem Elternhaus/sozialen Umfeld Gott bildhaft darstellen
- Beim Betrachten der individuellen Bilder (Gestalt, Farbgebung...) einen ersten Eindruck von Gottes Vielfalt bekommen
- Gedanken zu den eigenen Gottesbildern mitteilen
- Feststellen, dass es unterschiedliche Vorstellungen von Gott gibt
- Anhand der Geschichte „Fisch ist Fisch“ erkennen, dass Vorstellungen nur auf eigenen Erfahrungen basieren können
- Transfer dieser Erkenntnisse auf Gott, den man sich menschenähnlich vorstellt
- Vorgegebene Gottesnamen aus Psalmen erläutern
- Symbolgehalt von Gottesnamen/Bildwörtern deuten (Urvertrauen, Geborgenheit, Autorität, Sicherheit)
3. Das haben wir gemacht
1. Teilsequenz
Die Lehrperson leitet in die neue Thematik ein, indem eine Verknüpfung zur vorangegangenen Unterrichtseinheit erfolgt: „In den letzten Stunden haben wir Jona kennen gelernt, der von Gott einen besonderen Auftrag erhalten hatte. In den nächsten Stunden wollen wir an dieses Thema anschließen. Einen aus der Geschichte sollst du heute einmal so malen, wie du ihn dir vorstellst. Dabei kannst du nichts falsch machen.“
Schülerinnen und Schüler gehen im Anschluss auf ihre Plätze, packen Mäppchen und Malblock aus und erhalten einen Umschlag, indem folgender Arbeitsauftrag zu finden ist:
„Male Gott so, wie du ihn dir vorstellst.“
Nach einer kurzen meditativen Besinnungsphase zur Ideenfindung malen die Kinder daraufhin in Einzelarbeit ihre Bilder. Im Anschluss daran findet ein „Museumsgang“ in der Klasse statt. Dazu legen die Schülerinnen und Schüler, die möchten, ihre Bilder in der Klasse aus, bevor alle nach einem vereinbarten Zeichen durch die Klasse gehen und sich schweigend die einzelnen Bilder der Kinder betrachten. Auch diese Phase des Unterrichts wird von meditativer Musik begleitet.
Nun trifft sich die Lerngruppe im Sitzkreis. Einzelne Schülerinnen und Schüler stellen ihr Bild den anderen vor und erläutern wie sie sich Gott vorstellen. Die Schülerarbeiten werden dabei nicht von den Mitschülern kommentiert.
Im anschließenden Unterrichtsgespräch soll herausgearbeitet werden, dass wir uns Gott unterschiedlich vorstellen. Die Stunde endet damit, dass die Kinder ihre Bilder an die Seitentafel hängen und das Ziel der Sequenz als Überschrift „Wir haben unterschiedliche Vorstellungen von Gott“ ergänzt wird.
2. Teilsequenz
Die Stunde beginnt mit einem stummen Impuls. In der Kreismitte liegt ein „Vogelfisch“. Die Kinder äußern sich zunächst frei und hören anschließend die Geschichte „Fisch ist Fisch“ von Leo Lionni in leicht abgewandelter Form.
Dann wird der „Vogelfisch“ sowie andere Lebewesen aus der Vorstellungswelt des Fisches in den Sitzkreis gelegt und die Erkenntnis herausgearbeitet, dass jeder sich nur das bildlich vorstellen kann, was er selbst schon mit eigenen Augen gesehen hat.
Nun basteln oder malen die Kinder eigene Fischwesen wie z. B: Menschenfische, Kuhfische, usw. und stellen diese am Ende der Stunde vor.
3. Teilsequenz
Im Sitzkreis liegen verschiedene Bastelarbeiten der Kinder aus der vorangegangenen Sequenz sowie ausgewählte Gottesbilder aus der 1. Teilsequenz.
Im nun anschließenden Unterrichtsgespräch wird herausgearbeitet, dass sich der Fisch alle Lebewesen in Fischform vorstellt und die Menschen sich Gott oft bildlich nur als Mensch vorstellen.
Dann präsentiert die Lehrperson an der Tafel einen Lückentext mit der Überschrift: „Fisch ist ein Fisch, Mensch ist ein Mensch“. Es wird zunächst die Erkenntnis gesichert, dass sich der Fisch alle Lebewesen in Fischform vorstellt, bevor dies dann auf den Menschen und sein Gottesbild übertragen wird. Ergänzt wird das Tafelbild von den Bastelarbeiten der Kinder sowie den gemalten Bilder.
Der Lückentext wird auf ein vorbereitetes Arbeitsblatt von den Schülern übertragen.
4. Teilsequenz
An der Tafel hängen weiße Karten so angeordnet, dass sie das Wort GOTT ergeben. Einige der Karten sind bereits mit Gottesnamen gefüllt. Dabei handelt es sich um Gottesnamen aus den Psalmen: Fels (Ps 18,3), Burg (Ps 18,3), Retter (Ps 18,3), Licht (Ps 27,1), Heil (Ps 27,1), Hirte (Ps 23,1), Schöpfer, Sonne (Ps 84,12), Schild (Ps 84,12), König (Ps 47,9).
Diese werden zunächst von den Schülerinnen und Schülern gelesen, bevor die noch leeren Karten mit weiteren Namen für Gott gefüllt werden.
Dann leitet die Lehrperson zur Schülerarbeit über mit dem Impuls: „Gottes Namen sagen wie Gott ist und was er tut“. Die Schülerinnen und Schüler haben den Auftrag, Gottesnamen mit kindorientierten Erläuterungen zusammenzusetzen um die Gottesnamen in ihrer Bedeutung zu verstehen. Bsp.: Ein _________ ist stark und mächtig (König), Ein guter ________ sorgt für seine Kinder und liebt sie (Vater), Die _________ wärmt und macht alles hell (Sonne).
5. Teilsequenz
Der Liedtext „Wenn ich Vater sage“ wird den Schülerinnen und Schülern als Lückentext präsentiert. Dabei werden die Bildworte „Haus, Licht, Brot, Hand“ aus den Strophen 1-4 ausgelassen. Nachdem der Lückentext gelesen wurde, erkennen die Schülerinnen und Schüler die fehlenden Wörter und ergänzen diese. Im Anschluss daran werden die einzelnen Bildworte für Gott reflektiert und gedeutet. Die Kinder erhalten den Liedtext und ergänzen die Bildwörter. Nun wird das Lied gemeinsam gesungen.
4. Das haben wir erreicht
Über den konkreten Malauftrag zu Beginn der 1. Teilsequenz waren die Kinder sehr überrascht. Nachdem die Schülerinnen und Schüler den Umschlag geöffnet und den Arbeitsauftrag gelesen hatten, ging ein leises Raunen durch die Menge. Einige Kinder gingen sehr zögerlich an den Malauftrag. Als besonders hilfreich erwies sich die meditative Besinnungsphase zur Ideenfindung, nach der alle Kinder gemalt haben. Da die Kinder den Eindruck machten, Angst vor einer falschen Darstellung zu haben, wanderte der Blick einiger Schülerinnen und Schüler zum Nachbarn. Der gezielte Impuls „Du kannst nichts falsch machen. Male nach deiner eigenen Vorstellung“ half diesen Kindern besonders, so dass am Ende jede/r Schülerin/Schüler sein eigenes Bild verwirklichen konnte.
Im anschließenden Museumsgang waren die Kinder neugierig, die Bilder ihrer Mitschüler zu betrachten. Manche Kinder machten auch davon Gebrauch ihr Bild nicht auszustellen.
Die Darstellungen der Kinder zeigten alle eine menschliche Gestalt, oft mit Flügeln versehen. Viele waren orientiert an Jesusdarstellungen aus Kinderbibeln (Mann mit Bart, Kleid und Sandalen).
Einige Kinder freuten sich darüber, ihr Bild gezielt erläutern zu dürfen. Während einige Schülerinnen und Schüler sich sehr offen zeigten, hielten sich andere eher zurück.
Die Vorstellungen der Kinder von Gott wurden somit individuell zum Ausdruck gebracht.
Weil die Bilder alle sehr ähnlich waren, fiel es den Schülern im abschließenden Unterrichtsgespräch nicht leicht, herauszuarbeiten, dass wir uns Gott unterschiedlich vorstellen. An dieser Stelle konnte die Kompetenz, sich der Unterschiedlichkeit von Gottesvorstellungen bewusst werden, nur angebahnt werden. Da diese Kompetenz aber noch mehrfach in dieser Unterrichtseinheit thematisiert wird, haben wir uns entschieden, die Einheit wie geplant fortzusetzen.
Die Betrachtung des „Vogelfisches“ zu Beginn der nächsten Teilsequenz machte die Kinder sehr neugierig und sie lauschten aufmerksam der Geschichte. Da anschließend noch mehr Lebewesen aus der Vorstellungswelt des Fisches in den Sitzkreis gelegt wurden, fiel es den Kindern erstaunlich leicht die Erkenntnis abzuleiten, dass man sich nur das bildlich vorstellen kann, was man mit eigenen Augen gesehen hat. Der Bastel- oder Malauftrag war sehr motivierend. Bis dahin zogen die Kinder aber noch keine Verbindung zu den Gottesbildern der 1. Teilsequenz.
Durch den Vergleich der Gottesbilder der Kinder sowie den Bastelarbeiten zur Geschichte „Fisch ist Fisch“ wurden sich die Schülerinnen und Schüler der Unterschiedlichkeit der Gottesbilder bewusst. Sie erkannten nämlich, dass wir Menschen uns Gott häufig als menschliche Gestalt vorstellen, so wie der Fisch sich alle Lebewesen in Fischform vorstellt. An dieser Stelle präsentierten dann auch zuvor noch zurückhaltende Kinder ihre Gottesbilder. Im Unterrichtsgespräch wurde deutlich, dass den Schülerinnen und Schülern nun bewusster wurde, dass jede individuelle Abbildung ihre Berechtigung hat, da noch niemand Gott leibhaftig gesehen hat.
Durch den Impuls „GOTT“ in Form von Wortkarten gelang es den Schülerinnen und Schülern in der 4. Teilsequenz dann recht schnell, die vorgebenen Gottesnamen aus den Psalmen zu erläutern. Einigen Schülerinnen und Schülern gelang es sogar ohne weitere Impulse die Gottesnamen in ihrem Symbolgehalt zu deuten. Dadurch war es dann mehreren Kindern möglich, eigene Gottesnamen zu ergänzen. In Verbindung mit der Erarbeitung des Lückentextes erfuhren die Kinder, dass wir von Gott nur bildhaft sprechen können.
Das Lied bildete einen motivierenden Abschluss der Unterrichtseinheit und festigte die Schwerpunktsetzung.
5. So geht es weiter
Im Anschluss daran kann exemplarisch der Gottesname „Jahwe“ in seiner Bedeutung „Ich bin für euch da“ als Zusage und Verheißung thematisiert werden.
Alternativ könnte aber auch am Beispiel der Gottesbezeichnung „Sonne“ symboldidaktisch weitergearbeitet werden. Hier könnte u. a. die Geschichte „Die Sonne scheint immer“ von Renate Schupp eingesetzt werden, die verdeutlicht, dass Gott immer da ist auch wenn man ihn nicht sehen kann.
Literaturangaben:
- Die Bibel (Einheitsübersetzung)
- Leo Lionni: Fisch ist Fisch
- Mallmann, Petra: Menschen fragen nach Gott. Ausgewählte Gottesvorstellungen und -bilder in biblischen Texten und deren Umsetzungsmöglichkeiten. Simmern Januar 2006
- Lied „Wenn ich Vater sage“ – aus Liedheft „Gemeinsam zur Mitte finden“