Unterrichtseinheit „Ich kann Licht für andere sein“ - Herausgefordert zum Miteinander
GS Emmelshausen
1. Das sind wir
Unsere Schule befindet sich im ländlichen Bereich. Sie wird von Schülerinnen und Schülern aus unserem Ort und den Kindern aus den umliegenden Dörfern besucht. Es handelt sich um etwa 300 Schüler/-innen, die auf 13 Klassen verteilt sind. Die Klassenstufe 3 ist dreizügig. Der katholische Religionsunterricht erfolgt in zwei Gruppen (d. h. die katholischen Kinder einer Klasse besuchen den Unterricht der beiden Nachbarklassen).
Die katholische Religionsgruppe der Klasse 3b besteht aus 19 Kindern, davon sind vier Schüler aus der Nachbarklasse. Die Gruppe besteht seit Beginn des Schuljahres 2006/2007.
2. Das war uns besonders wichtig
Bereits Schulanfänger verfügen über Erfahrungen im Bereich von Licht und Dunkel. Bei den Kindern löst Dunkelheit leicht Ängste und Unsicherheit aus. Helligkeit dagegen vermittelt Kindern ein Gefühl von Wärme, Hoffnung und Geborgenheit. Dabei kann es sich um Licht in Form einer Kerze, Glühbirne oder Taschenlampe handeln. So erscheint uns gerade in der dunklen Jahreszeit die Auseinandersetzung mit der Lichtsymbolik als einleuchtend und notwendig.
Die Kinder sollen erfahren, dass es nicht nur eine „äußerliche Dunkelheit“ (bedingt durch fehlendes Licht) gibt. Es ist uns wichtig, auf die „Dunkelheit im Menschen“ aufmerksam zu machen.
Hier bieten sich verschiedene Themen an, wie zum Beispiel Angst, Krankheit, Trauer, Einsamkeit und andere.
Der Schwerpunkt unserer Einheit liegt auf der Wahrnehmung von Einsamkeit in unterschiedlicher Form.
Das kann eine Einsamkeit in Form von „Allein gelassen sein“, „Sprachlosigkeit“ oder „Ich-Bezogenheit“ sein.
Einsamkeit ist hier gleichbedeutend mit Dunkelheit. Die Schülerinnen und Schüler sollen jedoch nicht in dieser Einsamkeit, die sie wahrgenommen haben bleiben. Sie sollen ins Licht geführt werden, was in diesem Fall das „Miteinander“ ist.
Das Buch „Der Sternenbaum“ von Gisela Cölle bietet hier vielfältige Sprechanlässe. Durch die Auseinandersetzung mit dem Buch sollen die Schüler zu einem genaueren Hinsehen und Wahrnehmen von „Dunkelheit“ in ihrem Umfeld sensibilisiert werden. Dabei spielen besonders die Bilder im Buch eine wichtige Rolle, die lediglich vom Text noch unterstützt werden.
3. Das haben wir gemacht
Lernsequenz: „Ich kann Licht für andere sein“ - Herausgefordert zum Miteinander
Klasse: 3
Erwartete Kompetenzen:
unterschiedliche Erfahrungen im Zusammenleben mit anderen WAHRNEHMEN und BESCHREIBEN (1)
Einsamkeit und Leid sensibel WAHRNEHMEN (2)
menschliche Grunderfahrungen (Einsamkeit, Trauer, Miteinander, Freude,...) sprachlich AUSDRÜCKEN (3)
die Perspektive eines anderen einnehmen und Einfühlungsvermögen zeigen (SICH EINLASSEN) (4)
auf die Herausforderung zum Miteinander AUFMERKSAM WERDEN (5)
Gleichgültigkeit entgegentreten (SICH ENTSCHEIDEN) (6)
Maßstäbe christlichen Handelns UMSETZEN (7)
VERANTWORTUNG für sich selbst und sein eigenes Handeln übernehmen (8)
Schwerpunktsetzung:
Sich von Einsamkeit anrühren und zum konkreten Miteinander herausfordern lassen.
Mögliche Inhalte:
- Eine dunkle Stadt wird hell („Der Sternenbaum“ v. Gisela Cölle)
- Konkretes Miteinander planen, durchführen und reflektieren (Licht sein und
Licht weitergeben)
- „Ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 5, 14-16)
- Vernetzung mit der Weihnachtsgeschichte „Jesus als das Licht der Welt“
erkennen und zur Nachfolge herausfordern
Hinweise: | Arbeitsformen und Medien |
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Bildliche Sensibilisierung | Lied „Tragt in die Welt nun ein Licht“ Das Plakat in Ruhe betrachten Spontane Assoziationen zum Ausdruck bringen Farbgebung der Häuser bemerken und ansatzweise bewerten |
Fächerübergreifendes Arbeiten | Kunstunterricht: Hell – Dunkel-Kontrast
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Lebensweltbezug Was die Kinder bewegt und bedrückt (persönliche Ebene des Schulalltages, der Familie und des Wohnumfeldes in Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen) | Impulse: Situationskarten leere Karten Situationskarten lesen und zu den Häusergruppen zuordnen (Entscheidung dabei erläutern); |
Bildliche Sensibilisierung | Bilderbuch das Bild in Stille betrachten, Assoziationen zu den Bewohnern der dunklen Häuser nennen, Bezug nehmen auf die schwarzen Häuser auf dem Plakat Impuls: Satzanfänge (Die Bewohner der schwarzen Häuser spüren/fühlen sich...) Plakat |
Bildliche Sensibilisierung | Bilderbuch Bild („Mann mit Sternenkorb“) in zwei Schritten betrachten: zunächst nur die schwarze Häuserfassade, anschließend Aufdecken des alten Mannes mit dem Sternenkorb Die Situation beschreiben Gefühle, Gedanken, Fragen assoziieren Impuls: Wie fühlen sich die Bewohner beim Anblick der hellen Sterne? Plakat Bilderbuch mit Bildern unterstützter Textvortrag fortsetzen (dabei nachfolgende Doppelseite weglassen und ab: „Die Menschen waren froh ...“ bis zum Ende der Geschichte weiterlesen) Lied „Tragt in die Welt nun ein Licht“ Lied gemeinsam singen, Gedanken zum Lied äußern Impuls: Wie kann ich Licht ins Dunkel bringen? |
Auffordern zum konkreten Handeln
| Ideensammlung zum konkreten Handeln Sich für eine konkrete Handlung entscheiden und diese auf selbstgebastelte helle Sterne schreiben Lied gemeinsam singen und Anregungen im Liedtext aufgreifen Vorbereiten und durchführen der Vorhaben Durchgeführte Vorhaben werden sichtbar (beschriftete helle Sterne werden auf die schwarzen Häuser geklebt) Lied „Wir können im Dunkeln nicht leben“ |
Biblischer Bezug | Mt 5, 14-16 „Ihr seid das Licht der Welt“ kennen lernen, entzünden einer großen Kerze (Symbol Jesu) Spontane Schüleräußerungen Impuls: „Ich bin ein Licht in der Welt, weil ...“ |
Reflektion | Reflektieren der Auswirkungen des Handelns auf mich und mein Gegenüber, dabei entzünden kleiner Kerzen |
4. Das haben wir erreicht
Zu Beginn der ersten Sequenz wurde ein Stuhlkreis gebildet und gemeinsam das Lied „Tragt in die Welt nun ein Licht“ gesungen. Da den Schülerinnen und Schülern dieses Lied bereits zuvor bekannt war, wurden sie somit auf die Unterrichtsthematik eingestimmt. Anschließend wurde die Tafel geöffnet, die Kinder wurden mit dem grauen Plakat konfrontiert, auf dem gelbe Häuser auf der linken Seite und schwarze Häuser auf der rechten Seite zu sehen waren. Die Schülerinnen und Schüler äußerten sich spontan zu den Häusern und assoziierten gleich mit den schwarzen Häusern Trauriges und Tod („In dem dunklen Haus möchte ich nicht wohnen, die Menschen gehen böse miteinander um“), mit den gelben Häusern verbanden sie Freude, Helligkeit und Leben („In dem hellen Haus fühlen die Menschen sich wohl und sind nett zueinander“).
In diesem Zusammenhang erzählten sie von Erfahrungen, die sie selbst schon einmal zu diesem Thema gemacht hatten. Ohne Schwierigkeiten ordneten die Kinder im Anschluss die vorgegebenen Situationskarten (auf denen Situationen aus dem Schulalltag der Schülerinnen und Schüler, der Familie und des Wohnumfeldes aufgezeigt waren) den entsprechenden Häusern zu (dunkle Häuser - traurige Situationen, helle Häuser – freudige Situationen) (Komp. 1, 2, 3).
Regen Gebrauch machten die Schülerinnen und Schüler auch von den leeren Situationskärtchen und füllten diese mit entsprechenden Erlebnissen aus ihrer eigenen Lebenswelt.
Durch die Versprachlichung ihrer Erfahrungen wurden den Schülerinnen und Schülern die unterschiedlichen Situationen bewusst. Sie erzählten u. a. von einem gehbehinderten Nachbarn, von einer alten Frau, die nach einem Schlaganfall nur noch im Bett liegen kann und von einem kleinen Jungen aus der Nachbarschaft, der kaum Freunde hat und sich oft alleine auf der Straße aufhält. Die menschlichen Grunderfahrungen Einsamkeit und Trauer wurden somit von den Schülern zum Ausdruck gebracht (Komp. 3).
Der Einsatz des Buches „Der Sternenbaum“ von G. Cölle motivierte die Kinder nicht nur zur aktiven Mitarbeit, sondern verstärkte während der gesamten Unterrichtseinheit die gewonnen Erkenntnisse. Die Kinder konnten sich so leichter in Personen hineinversetzen und die entsprechenden Situationen bewusster erleben.
So auch beim ersten Teil der Geschichte sowie der anschließenden Bildbetrachtung (erste Seite bis Doppelseite dunkle Häuser). Den Kindern fiel es leicht, die Gefühlswelt der Bewohner in den dunklen Häusern mit treffenden Adjektiven zu beschreiben (traurig, einsam,...).
Bei der Betrachtung des Bildes „Mann mit Sternenkorb“ wurde den Schülerinnen und Schülern zunächst nur die immer noch dunkle Häuserfassade gezeigt. Die Kinder reagierten mit Betroffenheit, da sie mit den dunklen Häusern die bereits besprochenen traurigen Situationen assoziierten.
Mit dem Aufdecken des „Mannes mit dem Sternenkorb“ wurde die Gruppe „lebendig“. Ein Staunen ging durch die Klasse und die Schülerinnen und Schüler wirkten von nun an nicht mehr betroffen, sondern froh. Spontan äußerten die Kinder ihre Gefühle, Gedanken und Fragen zu dem Bild. Schüleräußerungen wie z. B. „Bei dem Mann ist es schön hell“, „Ich würde gerne den Mann durch die Stadt begleiten“ und „Der Mann bringt die Sterne zu den traurigen Leuten“ zeigten, dass die Kinder sich in den Mann hineinversetzen konnten und Einfühlungsvermögen bewiesen (Komp. 4). Auch der anschließende Transfer („In der dunklen Stadt wird es hell“) konnte von den Schülerinnen und Schülern geleistet werden. Sie fanden zahlreiche Adjektive, die in die Dächer der hellen Häuser geklebt wurden.
Nach dem Vorlesen der restlichen Geschichte (ab „Die Menschen...“) und der dazugehörigen Bildbetrachtung wurde gemeinsam nochmals das Lied „Tragt in die Welt nun ein Licht gesungen“.
Im Anschluss daran äußerten die Kinder bereits selbst den Wunsch „Licht in die Welt zu tragen“, also aktiv tätig zu werden. Der Impuls „Wie kann ich Licht ins Dunkel bringen“ erübrigte sich somit. Die Schüler hatten zahlreiche Ideen zum konkreten Handeln, wie z. B. „Ich war schon lange nicht zu Besuch bei meiner Oma im Altenheim. Ich werde sie in den nächsten Tagen besuchen“, „In meiner Straße wohnt ein Kind, mit dem wir eigentlich nicht gerne spielen. Heute Nachmittag werde ich es aber noch mal fragen, ob es nicht mitspielen möchte“ (Komp. 6).
Die Entscheidung für eine konkrete Handlung fiel zwar nicht allen Schülerinnen und Schülern leicht. Letztendlich jedoch konnte sich jeder für eine Idee entscheiden und schrieb diese auf einen selbstgebastelten Stern. Mehrere Schülerinnen und Schüler nahmen sich sogar vor, am Nachmittag noch weitere Sterne zu Hause zu basteln und sie „... an traurige Menschen zu verteilen“.
Im Laufe der nächsten Woche erzählten die Kinder freudig von der Umsetzung ihrer Vorhaben in die Praxis. Das Kleben der Sterne auf die dunklen Häuser war dabei nicht nur eine zusätzliche Motivation für die Kinder ihre Aktion wirklich in die Tat umzusetzen, sondern die hellen Sterne ließen auch die dunklen Häuser auf dem Plakat mehr und mehr verschwinden.
Das Licht, das die Schülerinnen und Schüler traurigen, kranken oder einsamen Menschen aus ihrer Lebenswelt geschenkt hatten, fiel auch wieder auf sie selbst zurück. Voller Freude und Stolz berichteten sie von ihren konkreten Handlungen. Einige Kinder entschieden: „Das mache ich jetzt öfter“, „Ich habe mir vorgenommen meine Oma jeden Samstag zu besuchen“, „Das Spielen mit dem anderen Kind hat mir Spaß gemacht. Wir spielen jetzt öfter miteinander“. Maßstäbe christlichen Handelns wurden somit von den Schülern umgesetzt. Sie lernten ansatzweise Verantwortung für sich selbst und ihr eigenes Handeln zu übernehmen (Komp. 7, 8).
5. So geht es weiter
Es gibt verschiedene Möglichkeiten diese Unterrichtseinheit fortzuführen bzw. die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu vertiefen. Exemplarisch könnten die Schüler Vorbilder (z. B. Nikolaus, Mutter Teresa, Hl. Elisabeth) kennen lernen, die in ganz besonderer Weise „Licht ins Dunkel“ brachten.
Unserer Einheit soll sich die Weihnachtsgeschichte anschließen. Wir werden dabei den Schwerpunkt auf das Ankommen des Erlösers als das Licht in der Welt legen.
Vor allem die Kompetenzbereiche SICH EINLASSEN, AUFMERKSAM WERDEN und SICH ENTSCHEIDEN können in dieser nun folgenden Einheit vertieft und weiterentwickelt werden.
Literaturangaben:
Gisela Cölle: Der Sternenbaum, NordSüd, Gossau Zürich 1997