Unterrichtspraktisches Beispiel zum Thema „Weihnachten anhand der Lukasgeschichte verstehen lernen“
von Eva Grünanger, GHS Budenheim
Klassenstufe 4
1. Das sind wir:
Die Religionsgruppe setzt sich aus 17 Schülerinnen und Schülern zusammen, von denen zehn Jungen und sieben Mädchen sind. Sie kommen aus den Klassen 4b und 4c und sind schon länger in dieser Kombination zusammen. Ich unterrichte diese Gruppe erst seit diesem Schuljahr, kenne die Schülerinnen und Schüler daher erst seit den Sommerferien. Maurice und Jonas haben eine recht weit reichende Religionskenntnis, während Patrick, der erst seit den Herbstferien an dieser Schule ist, nach eigenem Bekunden nicht an Gott glaubt. Allgemein sind die Schülerinnen und Schüler am Religionsunterricht sehr interessiert und Unterrichtsgespräche kommen in der Regel sehr schnell in Gang. Einige Schülerinnen und Schüler bringen auch immer wieder eigene Bücher oder sonstige Informationen zu den Themen mit.
2. Das war geplant bzw. das war uns besonders wichtig:
- Überblick über die Unterrichtseinheit:
Sequenzen: | Unterrichtsinhalte: | Medien: |
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1. Sequenz | Wir schauen uns wichtige Jesusgeschichten an: die Heilung des Aussätzigen, Zachäus, Bartimäus, die Kindersegnung | - entsprechende Teststellen aus einer Bibel oder Kinderbibel als Kopie für die Kinder |
2. Sequenz | Vertiefung: Jesus´Freunde sind die Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen à Charakterisation Jesus | - AB siehe Anhang 1 |
3. Sequenz | Lese- und Entstehungsrichtung der Evangelien | - Tafelanschrift siehe Anhang 4; Geschichte mit vielen Informationen |
4. Sequenz | Brainstorming Hirte/Schäfer; Engel; Tierstall; König und Vorstellung | - AB siehe Anhang 3 |
5. Sequenz | Die Weihnachtsgeschichte nach Lukas à Wichtige Elemente aus Jesus Leben werden in die Geburtsgeschichte als Glaubenswahrheiten „verpackt“, es sind keine historischen Begebenheiten! | - AB aus „Arbeitsbuch Weihnachten“ S. 78/79 |
3. Das haben wir gemacht:
Zunächst möchte ich auf die Kompetenzen eingehen, die mit Hilfe der Unterrichtseinheit bei den Schülerinnen und Schülern angebahnt werden sollen.
Anschlussfähiges Wissen:
Hermeneutische Kompetenz (wahrnehmen – entdecken – deuten)
- biblische und andere Glaubenszeugnisse deuten und in Bezug zum eigenen Leben und zum Leben anderer setzen (Jesus war in seinem Handeln ein Vorbild für uns heute, er nahm sich der Menschen am Rande der Gesellschaft an)
Ausdruckskompetenz (ausdrücken – mitteilen – gestalten)
- menschliche Grunderfahrungen wie Freude, Trauer, Hoffnung, Schuld und Vergebung sprachlich, bildlich oder szenisch darstellen (S. sollen zu den ausgewählten Jesusgeschichten ein Bild malen, sowie über Jesu Handeln und das der Mitmenschen diskutieren)
- wesentliche Elemente der christlichen Glaubenssprache verstehen und angemessen anwenden (vor dem Hintergrund des lebenden Jesus die „Sprache“ der Weihnachtsgeschichte des Lukas verstehen lernen)
- einander zuhören und im Gespräch aufeinander eingehen (in vielen Unterrichtsgesprächen oder Präsentationsphasen)
Reflexionskompetenz (Fragen stellen – unterscheiden – bewerten)
- in der Begegnung mit dem christlichen Glauben nach Antworten auf die großen Fragen suchen (Handele ich in Jesu Sinne? Was will uns sie Weihnachtsgeschichte wirklich sagen?)
- Folgen von unterschiedlichen Handlungsweisen an konkreten Beispielen bewerten (Jesus hilft den Menschen, was passierte mit dem Kranken (…), wenn Jesus nicht helfen würde?)
Partizipationskompetenz (Anteil nehmen – sich einlassen – Verantwortung übernehmen)
- Verantwortung für sich und andere übernehmen (Wenn wir alle in Jesu Sinne handeln, kann unsere Welt friedlicher werden)
Anwendungsfähiges Wissen:
1. Gegenstandsbereich „Mensch und Welt“
- die Kinder können Grundregeln eines gelingenden Miteinanders nennen und auf ihr eigenes Leben anwenden
2. Gegenstandsbereich „Jesus Christus“:
- Die Kinder können die Weihnachtsevangelien (hier: Lukas) und ihre zentrale Botschaft wiedergeben, können beschreiben, wie Jesus Menschen begegnet ist und dies auf ihr eigenes Leben beziehen.
Vorinformationen zur Einheit:
Um die Weihnachtsgeschichte des Lukas verstehen zu können, ist es von elementarer Bedeutung, das Leben Jesus genauer zu beleuchten, da Lukas mit seiner Geburtsgeschichte kein einzelnes Ereignis beschreiben will, sondern sich in diesem Text die Botschaft Jesu verdichtet. Trotzdem setzt Lukas das Geschehen in einen geschichtlichen Zeitrahmen, um auszudrücken, dass Jesus ein Mensch war und lebte, dass er keine fiktive Gestalt ist. Historisch gesehen ergeben sich daher Widersprüche, die für die Glaubenswahrheit, die vermittelt wird allerdings nicht relevant sind. Diese Glaubenswahrheiten sollen in dieser Einheit entschlüsselt werden.
Von elementarer Bedeutung ist daher der Unterschied zwischen der Lese- und der Entstehungsrichtung der Evangelien. Während man in der Bibel die zeitliche Reihenfolge Kindheit Reden und Taten Jesu Tod und Auferstehung verfolgen kann, ist die Entstehungsrichtung gerade umgekehrt. Nach dem Tod Jesu wurde zunächst viel über seinen Tod und seine Auferstehung berichtet, dann über seine Taten und zum Schluss fragten sich die Menschen, wie Jesus denn eigentlich zur Welt gekommen ist. Leider wusste es zu dieser Zeit niemand mehr, keiner war bei Jesu Geburt dabei gewesen. So musste eine Geschichte „erschaffen“ werden, die das Leben Jesu widerspiegelte, die somit Glaubenswahrheiten vermittelte.
Verschiedene Informationen wurden hierfür herangezogen:
1. Mutter und Vater waren Josef und Maria
2. Jesus lagen die Menschen am Rande der Gesellschaft am Herzen, nicht die Reichen, die alles im Überfluss besaßen
3. Jesus hat zur Zeit des Kaisers Augustus gelebt, jeder Bürger musste sich an seine Anweisungen halten
4. Das AT sagt, dass der Retter, Heiland… in Bethlehem zur Welt kommen wird
5. Jesus wurde als „König“ im AT angekündigt, aber nicht als einer, der mit Waffen regiert, sondern ein Friedenskönig, ein König für die kleinen Leute
6. Josef war Zimmermann, seine Familie lebte in einfachen Verhältnissen
Wie diese wichtigen Informationen zum Tragen kommen, wir im Laufe der Unterrichtseinheit entschlüsselt werden.
1. Sequenz:
In der 1. Sequenz sollten die Schülerinnen und Schüler erfahren, wie Jesus war, als er noch lebte. Anhand von 4 ausgewählten Jesusgeschichten (die Heilung des Aussätzigen, Zachäus, Bartimäus, die Kindersegnung) sollte den Schülerinnen und Schülern bewusst werden, dass sich Jesus immer den Menschen zuwandte, die in irgendeiner Form von den Menschen ausgeschlossen wurden. Im Gegensatz dazu sollten die Schülerinnen und Schüler sich überlegen, was die anderen Menschen tun, um zu helfen bzw. warum sie nicht so handeln wie Jesus.
Die Schülerinnen und Schüler wurden in vier Gruppen eingeteilt, je eine Gruppe bekam eine der Jesusgeschichten. In der Gruppe sollten sie zunächst den Text gemeinsam lesen und schließlich verschiedene Aufgaben zu diesem Text bearbeiten (siehe Anhang 1). Im Anschluss an diese Gruppenarbeit stellten die einzelnen Gruppen ihre Plakate vor. Hier wurde zunächst die entsprechende Jesusgeschichte laut vorgelesen und anschließend das Plakat vorgestellt.
2. Sequenz:
Zu Beginn dieser Sequenz las ich die Geschichte „G-o-te-te“ vor. In dieser Geschichte geht es um einen Jungen, der noch nie zuvor von Gott gehört hat und die Person des Jesus von seinem neuen Religionslehrer eindrucksvoll von seinem Leben als Zimmermann bis zur Nachfolge seiner Jünger vorgestellt bekommt.
Die Schülerinnen und Schüler der Religionsgruppe hatten nun aus der letzten Sequenz einen Jesus kennen gelernt, der sich der Menschen am Rande der Gesellschaft annahm und sie haben die Geschichte „G-o-te-te“ gehört. Nun sollten sie aus ihren bisherigen Kenntnissen im Religionsunterricht und aus den Informationen, die sie bisher bekommen haben zu „Jesus“ ein Charakterisations- Brainstorming auf einem Plakat erstellen (Anhang 5 auf Din A 4 kopieren). In dieser Religionsgruppe kamen unter anderem folgende Beiträge: Jesus heilt die Kranken und hilft den Armen; Jesus ist hilfsbereit, Jesus ist nett, Jesus kümmert sich um die Ausgeschlossenen, nicht um die reichen Menschen…
Zum Abschluss dieser Sequenz habe ich ein kleines Spiel mit den Schülerinnen und Schülern durchgeführt. Sie sollten sich im Raum bewegen und mit den anderen Kindern sprechen, allerdings durften sie nur nette Dinge sagen wie zum Beispiel: „Du hast schöne Ohrringe an“ o.ä.. Bei der anschließenden Reflexionsrunde kam heraus, dass sich die Schülerinnen und Schüler sehr wohl gefühlt haben, es hat sich in dieser Sprechrunde sogar ein schon lange währender Streit zwischen 3 Schülerinnen gelegt. Meine Schlussworte in dieser Sequenz sollten die Schülerinnen und Schüler nachdenklich stimmen, als ich sagte, dass Jesus uns eine Welt vorgelebt hat, in der es so ist, wie wir uns gerade verhalten haben, ohne Streit, Missgunst, Neid u.s.w. Christ-sein bedeutet, so zu leben wie Jesus es uns vorgelebt hat und das ist wirklich sehr schwierig, wie die Schülerinnen und Schüler heute erfahren haben.
3. Sequenz:
Zu Beginn dieser Sequenz sollten die Schülerinnen und Schüler verschiedene „Stationen“ des Lebens Jesu als Puzzle in die richtige biblische Reihenfolge bringen. Hierfür haben sie Bibeln bekommen und sollten im Lukasevangelium die Geschichten nachschlagen und ordnen (siehe Anhang 2). So wurde den Schülerinnen und Schülern die „Leserichtung“ klar. Um den Kindern die Entstehungsgeschichte näher zu bringen, erzählte ich, wie sich die Jünger nach dem Tod gefühlt hatten, wie sie die Geschichten des Jesus weitererzählt haben, zunächst das zeitlich näher liegende, den Tod und die Auferstehung und dann die Geschichten des lebenden Jesus. Irgendwann, so berichtete ich, haben sich die Menschen gefragt, was eigentlich bei Jesus Geburt passiert ist, das war allerdings schon Jahrzehnte danach. Diese Frage stellte ich auch der Religionsgruppe, und die Schülerinnen und Schüler erzählten mir die Geschichten von Maria, Josef und dem Stall, den Hirten auf dem Feld u.s.w. So wurden also die Geschichten in der umgekehrten Reihenfolge aufgeschrieben, als sie in der Bibel stehen: Tod und Auferstehung Reden und Taten Jesu Kindheit. Der Anhang 4 kann entweder als Kopie ausgeteilt werden oder gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern als Wiederholung des Gesprächs an der Tafel aufgeschrieben und dann ins Heft übertragen werden.
Um den Schülerinnen und Schülern eindrucksvoll zu zeigen, inwieweit die Geschichten der Bibel auf historische Ereignisse beruhen und alles genau so stimmt, wie es aufgeschrieben ist, machte ich ein kleines Experiment mit den Kindern. Es sollten sich fünf Kinder vor die Tür stellen, ein Kind und der Rest der Klasse bleiben im Klassenraum. Dem einen Kind erzählte ich eine Geschichte mit ziemlich vielen Informationen. Dieses Kind wiederum sollte dann ein weiteres Kind von draußen holen und alles, was es sich gemerkt hat, dem anderen Kind erzählen. Dieses wiederum merkte sich alles, was es erzählt bekam und sollte wiederum ein Kind von draußen reinholen u.s.w. Leider wurde dem 5. Kind, das vor der Tür stand, gar keine Geschichte mehr erzählt, weil im Laufe der Zeit mehr und mehr Informationen vergessen wurden. Jetzt ist den Kindern klar, dass die Jesusgeschichten in der Bibel in jedem Fall nicht wörtlich zu verstehen sind oder sich die Szene genau so abgespielt hat, wie sie heute niedergeschrieben ist, denn jeder Erzähler brachte seine eigene Note in die Geschichte hinein, Details wurden vergessen oder hinzuerzählt. Da sich aber wirklich keiner an die Geburt Jesu erinnern konnte, aber viele Menschen sich fragten, unter welchen Umständen Jesus zur Welt gekommen ist, musste sich Lukas eine Geschichte „ausdenken“. Die Schüler dieser Religionsgruppe waren an dieser Stelle sehr empört, weil sie glaubten, von der Bibel an der Nase herum geführt worden zu sein. Sie haben im ersten Moment geglaubt, dass die Geburtsgeschichte „erstunken und erlogen“ sei. Ich versprach ihnen als Ausblick in die nächsten Sequenzen, dass wir herausfinden werden, warum Lukas seine Weihnachtsgeschichte genau so und nicht anders „erfunden“ hat und dass ich sie beruhigen kann: Es ist „wahr“ was Lukas schrieb. Wir werden der Sache auf den Grund gehen.
4. Sequenz:
Auf den Gruppentischen im Klassensaal waren Plakate vorbereitet, auf denen verschiedene Stichpunkte standen: Engel, König, Hirte/Schäfer, Tierstall. (Anhang 3, Auf Din A 3 kopieren) Die Schülerinnen und Schüler hatten nun ausreichend Zeit, in der Klasse mit einem Stift umher zu gehen und auf die verschiedenen Plakate Dinge zu schreiben, die ihnen zu den Wörtern einfielen. Hierbei kam zum Beispiel heraus: Engel: Engel sind Boten Gottes; Gott schickt die Engel auf die Erde, Engel sind lieb; Engel überbringen Nachrichten; König: Er hat das Sagen; der König ist mächtig; Könige sind manchmal schlecht und böse; ein König hat viel Geld; ein König sitzt auf einem Thron und hat eine Krone; Tierstall: eine Unterkunft für Tiere; Stroh; dort stinkt es; es riecht nach Heu; die Tiere sind verdreckt; Hirte/Schäfer: Hirten sind arm; Hirten sind gute Menschen; Hirten leben unter freiem Himmel; Hirten wurden oft beleidigt; die Hirten verdienen ihr Geld durch Schafe auf die Weide bringen; Hirten hatten kaum Geld.
Im Sitzkreis wurden die Plakate von einzelnen Schülerinnen und Schülern vorgestellt und Fragen konnten geklärt werden. Natürlich fiel den Kindern auf, dass diese Elemente in der Weihnachtsgeschichte eine Rolle spielen. So war der Übergang zur nächsten Sequenz geschaffen, in der die Schülerinnen und Schüler herausfinden sollten, warum Lukas die Weihnachtsgeschichte so niederschrieb, obwohl sie vermutlich historisch nicht korrekt ist.
Diese „Elemente“ kommen allesamt in der Weihnachtsgeschichte des Lukas vor. Es ist sehr wichtig, dass sich die Schülerinnen und Schüler vorher hiermit auseinandersetzen, damit sie nachvollziehen können, warum Lukas sie in die Geschichte „hineingebaut“ hat, um so Glaubenswahrheiten zu vermitteln. Die Schülerinnen und Schüler kennen nun die Verhaltensweisen des lebenden Jesus und haben sich mit verschiedenen Elementen aus der Lukanischen Weihnachtsgeschichte auseinandergesetzt. In der nächsten Sequenz soll nun herausgefunden werden, was Lukas uns sagen will und was er mit der Geschichte bezweckt.
5. Sequenz:
Zu Beginn der Stunde habe ich zunächst die Lukanische Weihnachtsgeschichte vorgelesen und dabei die Plakate mit den Elementen an die Tafel gehängt, damit die Schülerinnen und Schüler bei den entsprechenden Textstellen besonders genau hinhören. Da die Schülerinnen und Schüler nun für die Tatsache sensibilisiert worden sind, dass die Weihnachtsgeschichte auf keinen Fall ausschließlich auf historischen Fakten beruht, habe ich auch hier ein kleines Spiel zwischengeschaltet. Die Schülerinnen und Schüler sollten sich hinstellen und ich stellte Fragen wie: „Ist Jesus wirklich in einem Stall geboren?“ oder „Hat der Engel wirklich den Hirten auf dem Feld die frohe Botschaft übermittelt?“ oder „Hat Kaiser Augustus damals wirklich regiert?“ Bei Fragen, die sie mit „ja“ beantworten würden, sollten sie sich ganz groß machen, bei „nein“ sollten sie in die Hocke gehen. Es war aufregend zu beobachten, wie innerlich gespalten die Schülerinnen und Schüler die Fragen beantworteten, denn einerseits kannten sie die Weihnachtsgeschichte schon lange und glaubten sie wörtlich, andererseits hatten sie in den letzten Stunden gelernt, dass hinter dieser Geschichte mehr steckt, dass Lukas sie sich aufgrund Jesus Leben „ausgedacht“ hatte, um Glaubenswahrheiten zu vermitteln.
Die Elemente, die wir uns in der letzten Sequenz genauer betrachtet hatten (König, Tierstall, Engel, Hirten) wurden den Schülerinnen und Schülern nun als Arbeitsblatt ausgeteilt, darunter stand jeweils der Satz: „Lukas schreibt von ___________, weil er sagen will, dass…_____“ Wir fanden folgendes heraus bzw. erarbeiteten aufgrund der Informationen aus der letzten Sequenz: Lukas schreibt von Engeln, weil er sagen will, dass Jesus von Gott kommt. Lukas schreibt von Hirten, weil er sagen will, dass Jesus in seinem Leben vor allem für die Ärmsten, für die Menschen am Rande der Gesellschaft da war. Lukas schreibt von Stall und Krippe, weil er sagen will, dass Jesus kein König im herkömmlichen Sinne ist, sondern er ist ein Friedenskönig, der nicht mit Waffen kämpft. Er hat arm gelebt, er ist arm gestorben, also wird er auch arm zur Welt gekommen sein. Lukas schreibt vom König und der Steuerzählung, weil er sagen will, dass Jesus und seine Eltern sich nach den Befehlen des Kaisers halten mussten. Diese Übertragung fiel den Schülerinnen und Schülern recht schwer. Sie konnten zweifellos hinterher nachvollziehen, wie und warum Lukas die Weihnachtsgeschichte so geschrieben hat, allerdings merkte ich, dass es ihnen ziemlich schwer fiel, sich von ihrem altbekannten Bild, Josef und Maria im Stall, Frieden, die Hirten kommen, um das Kind zu scheuen, zu lösen. Sie hatten so viele Jahre an diese für sie historisch wahre Geschichte geglaubt, dass es ihnen sichtlich schwer fiel, sich davon zu trennen.
4. Das haben wir erreicht:
Der Verlauf dieser Religionseinheit wurde leider immer wieder unterbrochen, da eine Kollegin dauerhaft krank ist und so die Gruppen häufig zusammengelegt oder aufgeteilt werden müssen. Außerdem war häufig ein Teil der Lerngruppe beim Training für die Fahrradprüfung, so dass die Einheit von unfreiwilligen „Pausen“ gespickt war. Daher musste ich am Ende, obwohl es im „normalen“ Zeitrahmen durchaus drin gewesen wäre, auf das Weihnachtsspiel als ein Interview mit Lukas verzichten, das eine Alternative zu den Krippenspielen, die in den Kindergottesdiensten vorgeführt werden, zu sehen ist.
Mit dieser Unterrichtseinheit hatte ich mir viel vorgenommen. Aus didaktischer Sicht gesehen müssten die Schülerinnen und Schüler bereits einen Überblick über Jesu Leben und dessen Taten, sowie seinen Tod und die Auferstehung, und der Zeit nach seinem Tod haben, um überhaupt nachvollziehen zu können, warum sich Lukas der Geburtsgeschichte annahm und so niederschrieb. Leider musste ich feststellen, dass ich die bisher einzige Lehrerin war, die den Schülerinnen und Schülern den Blick öffnete, dass sich hinter den Geschichten der Bibel noch mehr verbirgt als nur jene, die man auf den ersten Blick erlesen kann. So war das allgemeine Staunen groß, als ich ihnen berichtete, dass die Geburtsgeschichte unter Umständen nicht so passiert ist, wie sie in der Bibel steht, sondern dass man sie vor dem Hintergrund von Jesus Leben, Tod und Auferstehung sehen muss. Die Schülerinnen und Schüler hatten sehr viel Interesse an diesem Thema gehabt, allerdings habe ich mich immer wieder gefragt, ob die Kinder mir das wirklich „abnehmen“, da sie diese Geschichte von Kindes Beinen an als „bahre Münze“ angesehen hatten.
In Bezug auf die Kompetenzen kann ich bestätigen, dass die Kinder ganz sicher ihr Wissen bezüglich dem Gegenstandsbereicht „Jesus Christus“ erweitert haben. Sie kennen die Botschaft des Weihnachtsevangeliums, können beschreiben, wie Jesus Menschen begegnet ist und sind in der Lege, dies auf ihr eigenes Leben beziehen. In diesem Rahmen haben sie ihr anschlussfähiges Wissen (Hermeneutische Kompetenz: (wahrnehmen – entdecken – deuten) erweitert, da sie biblische Glaubenszeugnisse gedeutet und in Bezug zum eigenen Leben und zum Leben anderer gesetzt haben.
Insgesamt bin ich überzeugt davon, dass ich eine Spur gelegt habe. Die Schüler haben eine Ahnung davon bekommen, nicht alle Texte der Bibel einfach hinzunehmen, nicht alles blind glauben, was in der Bibel steht oder einem gesagt wird. Sie müssen lernen, in die Texte einzusteigen um den Sinn dahinter zu begreifen. Sie haben eine fragende Haltung eingenommen und das ist meiner Meinung nach gerade im Religionsunterricht von tragender Bedeutung.
5. Literatur:
- Berg, Sigrid: Arbeitsbuch Weihnachten für Schule und Gemeinde. Kempten, 1988
- Die Nacht leuchtet wie der Tag; Bibel für junge Leute. Frankfurt am Main, 1999
- Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend, Kultur: Rahmenplan Grundschule:
Teilrahmenplan Katholische Religion (Entwurf); Mainz, Stand: April 2008
- ru Zeitschrift für die Praxis des Religionsunterrichts 1/1984
- Wolf, Norbert: Tagungsuntelagen für das Studienseminar GHS Mainz